Rd-schau 01.06.2012
Ausschuss will Pfarrsaal retten
Die Auseinandersetzung um das Kirchenzentrum in Hürth-Mitte geht in eine neue Runde. Die katholische Kirchengemeinde Zu den Heiligen hat eine Abrissgenehmigung für das Pfarrjugendheim, das Küsterhaus und das Pfarrhaus beantragt. Außerdem soll der Bebauungsplan, der derzeit nur kirchliche Nutzungen zulässt, geändert werden, damit auf dem Grundstück Wohnhäuser entstehen können. Doch der Planungsausschuss vertagte den Antrag. Das Gremium will prüfen lassen, ob das Gebäudeensemble denkmalwürdig ist.
Die Verwaltung hatte ihr Urteil eigentlich schon gefällt. Es handele sich beim Pfarrzentrum an der Kirche St. Joseph nicht um „denkmalwerte Gebäude“, berichtete Bürgermeister Walther Boecker. Doch der ehrenamtliche Denkmalschützer Karl-Ernst Forisch sieht das anders. Er bewertet das Gebäudeensemble als bedeutendes Zeugnis der Siedlungsgeschichte von Knapsack und Hürth-Mitte.
Im Zuge der Umsiedlung des Ortsteils Knapsack – damals musste auch die alte Kirche St. Joseph weichen – hatte die Kirche das Grundstück an der Bonnstraße erhalten. Anfang Dezember 1979 wurde dort das neue Gemeindezentrum eröffnet. In dem Pfarrsaal wurden auch die Gottesdienste gefeiert, bevor 1991 nebenan die neue Kirche St. Joseph eingeweiht wurde. Forisch sieht in dem Gebäudeensemble ein „Wahrzeichen von Hürth-Mitte“ und stellte einen Antrag auf Denkmalschutz. Darüber muss nun die Stadt in Abstimmung mit dem Landschaftsverband Rheinland befinden. Erst danach soll über den Abrissantrag und einen neuen Bebauungsplan entschieden werden. Der Streit um das Gemeindezentrum schwelt bereits seit Jahren. Schon 2009 hatte die Gemeinde eine Änderung des Bebauungsplans gefordert, doch der Ausschuss lehnte die vorgesehene Bebauung mit vier dreieinhalbgeschossigen Gebäuderiegeln damals als zu dicht ab und schlug der Kirche einen städtebaulichen Wettbewerb vor. Zumindest der Pfarrsaal mit seinen architektonisch markanten fünf quergestellten Satteldächern sollte erhalten bleiben.
Pfarrer weist Kritik zurück
Die Gemeinde begründet ihren Abrissantrag jetzt mit der fehlenden Nutzung. Pfarr- und Küsterhaus seien bereits seit zwei Jahren unbewohnt. Der Pfarrsaal, der schon seit 2008 aus Kostengründen nicht mehr kirchlich genutzt wird, war zuletzt an den Kita-Träger Froebel als Zwischenunterkunft vermietet – nun steht auch der Saal leer. Im Ausschuss stieß der Abrissantrag dennoch auf Unmut. Der Planungsausschuss habe die Hand ausgestreckt, um gemeinsam nach städtebaulichen Lösungen zu suchen, sagte CDU-Fraktionschef Dirk Breuer: „Diese ausgestreckte Hand ist jetzt mit dem Abrissantrag ausgeschlagen worden.“ Klaus Lennartz (SPD) bestritt, dass die Kirche sich intensiv um eine neue Nutzung bemüht habe.
Pfarrer Franz-Josef Lausberg wies die Kritik zurück. „Wir können das Gebäude nicht weiter unterhalten“, sagte er der Rundschau. „Wir haben auch niemanden gefunden, der bereit ist, das Gebäude zu übernehmen.“ Dem Denkmalverfahren sehe er gelassen entgegen. Lausberg: „Wir haben keinen Druck.“ Er sei „voller Hoffnung“ auf eine Lösung mit „gesundem Menschenverstand“. Schließlich habe die Stadt auch für das Grundstück der evangelischen Kirche an der Kölnstraße – dort baut die GWG – und für das Post-Gebäude in Hürth-Mitte die Bebauungspläne so geändert, dass dort „großzügig gebaut“ werden könne. Bürgermeister Boecker betonte, dass das Denkmalverfahren Risiken berge. So könnte die Kirche von der Stadt die Übernahme der Gebäude verlangen. Möglicherweise drohe auch eine Klage, wenn sich das Verfahren lange hinziehe. Sollte die Denkmalbehörde den Antrag ablehnen, dann habe die Gemeinde Anspruch auf eine Abbruchgenehmigung.
Bemerkung seitens der Bürgerinitiative: Der Vergleich der Kölnstraße als beidseitige Durchfahrtsstrasse mit hohem Verkehrsaufkommen durch die Ortschaft Hermühlheim und der Bonnstrasse als einseitig befahrene verkehrsberuhigte Wohnsiedlung zeigt, wie sehr der Pfarrer Lausberg seine gewinnmaximierende Vorstellung ohne Kompromissbereitschaft, ohne Vernunft und ohne Gerechtigkeitssinn über das Wohlbefinden der Bürgerinnen und Bürger stellt.